Freitag, 30. November 2012

O-Ton Wolfgang G.:

Selbstmanagementressourcen sind Genetik, soziales Umfeld und die Art, wie wir über unsere eigenen Handlungen denken. Dabei spielt es eine Rolle, wie groß die Komponenten sind.
- Die Genetik ist nicht klassifizierbar.
- Wenn Einer stört, ist es sinnvoll, den Kontakt abzubrechen ohne Brücken zu sprengen.
- Wenn jemand 160 Euro Kindergeld kassiert und 100 Euro vom Unterhalt einbehält, lässt er sein eigenes Kind 260 Euro Miete zahlen (Ergänz.: wenn es den Kühlschrank selbst füllen muss).
Wenn ich könnte, wie ich wollte, würde ich jetzt, also heute, in Ruhe mit Tim und X. sprechen, um abzutasten, wo und wie sie Hilfe zulassen, ohne sie mit meiner Angst zusätzlich zu belasten. Christiane lehnt Krankschreibung als ontop-Interaktion ab. MachEinenPlan sei das einzig Denkbare. Hab Martins Eltern auf den Anrufbeantworter gesprochen: Ich will wissen, was sie über Martins Weihnachtsreise mit den Kindern nach Israel denken. Jetzt irgendeine Leichtigkeit zu entwickeln, die Kraft gibt, irgendetwas dabei gleichzeitig Planvolles, wäre schön. Stattdessen hocke ich mit einer bescheuerten OP-Narbe im Gesicht daheim und telefoniere irgendwelchen Promis nach und irre durch Anjas Wellness-Texte für das übernächste Magazin. X. wirft mir vor, dass ich sie als selbstzerstörerisch erlebe und zieht sich von mir zurück, um in Ruhe planen zu können. Wahrscheinlich ist es meine eigene generalisierte Hilflosigkeit, die ich dem gesamten Universum unterstelle. Vielleicht sollte ich wie Tim und X. von Radio auf CD übergehen, um dieses Gefühl von EsIstGemacht zu überwinden. Am meisten verzweifle ich im Moment an der Schnittstelle von Arzthaftrecht und Beweisverwertungsverbot beim gegenwärtigen Patientenrechtgesetz, wenn ich Wolfgang von Fixation unter Polizeischutz berichten höre. Ein Härtefallfond klingt irrwitzig, jedenfalls lotteriemäßig. Es macht mich so unsicher, dass ich mir die momentane ZDF-Bundestagsdebatte zu Griechenland nicht antue. Ich fühle mich überlastet, kaum dass ich an Duschen oder Aufstehen denke. Sport fehlt mir. Zeit dass die Narbe heilt. Hab gestern mehrfach die Augen gerieben, weil ich die OP vergessen hatte. Entsprechend gestresst sieht die Narbe aus. Vielleicht rufe ich Gerlind und Manfred an, ob sie auf einen Tee vorbeikommen. Frank und Thomas mag ich nicht mit meiner Halloween-Fratze erschrecken, nachdem Uwe mich gestern am Fahrstuhl fassungslos angestarrt hatte. Aber vielleicht rufe ich Uwe an. Zumindest sollte er wissen, dass das blaue Auge ursprünglich eine Schönheits-OP und keine Gewalteinwirkung war.
81 ist er geworden. Es ist die erste Falschfahrermeldung, die sich bis in meine Mailbox verirrt hat. Beim Radio ist es kaum möglich weiterzuzappen, sooft wie die Horrormeldungen von der Autobahn kommen. Das Gehörte hallt ein bisschen nach und verwischt bald durch die nachfolgende Musik. Aber die Mail bleibt, ohne dass ich den Moment rekonstruieren kann, in dem es passierte. Meinen Moment. Das, was ich selbst grad gemacht und gefühlt habe. Gleichzeitigkeit. Unmittelbare Gleichzeitigkeit. Der bricht einfach in die gemütliche Ruhe meines Wohnzimmers ein. Grad wie beim Aufzoomen in den Polizeifunk draußen, weit weg. Bis zu 2.800 Falschfahrer sind es jährlich, berichtet der ADAC. Es tat gut Wolfgang G. zu sprechen, der grad überlegt, ob er irgendwann zu Dörner an den Lehrstuhl für Theoretische Psychologie in Bamberg geht. Der ist ja schon Jahrgang 38. Er sagt: Das Risiko beim Wahn besteht darin, Scheitern durch erlernte Hilf- und Hoffnungslosigkeit zu generalisieren (nach Martin Seligmann). Kurz danach rief Tim an und bat mich Arbeitsblätter, die als Bilddateien an einer GMail hingen, für ihn auszudrucken. Ich habe es nicht auf die Schnelle hingekriegt. Bin immer noch unglücklich. Hoffentlich klappt Geo morgen trotzdem.